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Montag, 23. Februar 2015

Adelbert von Chamisso, Berlin



Gedenktafel Friedrichstraße 235 in Berlin









































Berlin

Im Jahr 1831

Du, meine liebe deutsche Heimath, hast,
Warum ich bat, und mehr noch mir gegeben;
Du ließest freundlich dem gebeugten Gast
Die eig'ne traute Hütte sich erheben,
Und der bescheid'ne kleine Raum umfaßt
Ein neuerwachtes heitres reiches Leben;
Ich habe nicht zu bitten, noch zu klagen,
Dir nur aus frommem Herzen Dank zu sagen. -

Du siehst mich zweifelnd halb und halb erschrocken
Mit feuchten Augen an, mein gutes Kind,
Laß' nicht den Schein in Irrthum dich verlocken,
Es ist ja nur des Abends kühler Wind,
Des Mondes bleicher Schein auf meinen Locken,
Die fast wie Silber anzusehen sind;
Ein halbes Hundert mir entrauschter Jahre
Hat nicht mein Herz berührt, nur meine Haare.

Mit duft'gen üpp'gen Blumenkränzen mußt,
Mit Rosen, du beschatten ihren Glanz;
Ich bin noch jung, noch stark, noch voller Lust,
Und windet um die Stirne sich der Kranz,
Und wieget sich mein Haupt an deiner Brust,
Und wird der Traum zur Wirklichkeit so ganz,
Erblühet zum Gesang mein heimlich Meinen,
Und alle meine Lieder sind die deinen.

Ja! Lieder, neue Lieder will ich singen;
Du, meine Muse, lauschest unverwandt,
Und wenn die Weisen dir zum Herzen dringen,
Drückst leise du belohnend mir die Hand;
Laß ungestraft um uns die Kinder springen,
Vielleicht daß sie der Geist der Lieder bannt,
Kein Zwang: es würden mich die armen dauern,
Sie dürfen nicht um uns're Freude trauern.

Und, liebes Kind, laß Thür' und Fenster offen;
Erworben hab' ich mir der Freunde viele,
Und habe derer manche schon getroffen,
Die Freude hatten an dem heitern Spiele;
Willkommen sei, wer lauschen will: mein Hoffen
Wär' eben, daß es vielen wohlgefiele;
Wem aber uns're Lieder nicht gefallen,
Der stört uns nicht, der wird vorüber wallen.

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