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Montag, 19. Januar 2015

Rosa von Praunheim: Alles was zu viel ist, kann man teilen

Nein, ein Underground-Regisseur sei er doch eigentlich nicht, stellte Rosa von Praunheim auf eine entsprechende Frage richtig. Vor allem seine Filme „Die Bettwurst“ (1971) und „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ (1971) hätten doch weit über Underground und Schwulenszene hinaus Erfolg gehabt. Und „Die Bettwurst“ sei auch nach über vierzig Jahren noch (oder wieder?) ein Kultfilm der jüngeren Generation.
Rosa von Praunheim
Rosa von Praunheim hat gestern im Kino am Bundesplatz in Berlin seinen autobiografischen Film „Praunheim Memoires“ (2014) vorgestellt. Praunheim ist der Stadtteil von Frankfurt, in dem er seine Jugend verbracht und von dem er seinen Künstlernamen abgeleitet hat. Es ist ein Film voller Liebe zu den Menschen und zu der doch eigentlich trostlosen Umgebung dieses Vorortviertels.

Das Frankfurt der sechziger und siebziger Jahre sei die toleranteste, weltoffenste Stadt der alten Bundesrepublik gewesen, nicht etwa Berlin. Auch das ist eine wichtige Feststellung, die ich ihm sofort abnehme, denn Westberlin war damals nicht tolerant, im Gegenteil!

Rosa von Praunheim hat für die Befreiung der Schwulenszene aus der Subkultur in die Gesellschaft hinein und für die Akzeptanz des Schwulseins im öffentlichen Leben der Bundesrepublik Großes geleistet. Was mir gestern auffiel, ist die Serenität, die absolute Aggressionslosigkeit und Menschenfreundlichkeit dieses Mannes, der doch die gewalttätigen und hysterischen sechziger und siebziger Jahre aus einer Underdog-Position mitgemacht und mit seinen Filmen aktiv kommentiert und analysiert hat.

Und ja: „Die Bettwurst“ war damals auch unser Kultfilm! Was haben wir gelacht! Zitate des Hauptdarstellers Dietmar Kracht gehörten noch jahrelang zu unserem alltäglichen Beziehungsleben.


„Die Bettwurst“ gibt es auch als dvd. Auf Youtube findet sich nur dieser fünfzehnminütige Zusammenschnitt, der natürlich für eine angemessene Würdigung des Films nicht ausreicht:




Praunheim ist all die Jahre aktiv geblieben und mit 72 Jahren immer noch ein Ausbund an Lebensfreude und Kreativität. Er hat gestern für jeden Kinobesucher ein Gedicht mitgebracht. Hier ist meines. Ich werde es in Ehren bewahren:





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