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Samstag, 6. Dezember 2014

Franz Kafka in Richard Powers Roman "Orfeo"



Eines der fiktiven Musikstücke in Richard Powers´ Roman „Orfeo“ heißt „Die Chinesische Mauer“:

Theremin
„ein Stück für Klavier, Klarinette, Theremin und Sopran, mit Texten aus Kafkas Beim Bau der Chinesischen Mauer. […] Es gibt keine feste Tonalität, aber die Sequenz treibt das Ohr des Zuhörers doch durch einen Spießrutenlauf aus Erwartung und Überraschung. Das Verfahren kommt ihm wie ein Schritt voran vor, ein Mittelweg zwischen romantischem Schwelgen und sterilen Algorithmen, zwischen Klammergriff des Vergangenen und dem Kult des Fortschritts.“ (Orfeo, S. 250)


Kafkas Text drückt die Musikphilosophie des fiktiven Komponisten Peter Els auf intensive Weise aus. Powers teilt diesen Aphorismus Kafkas in drei „Strophen“ auf: 


Es ist nicht notwendig, dass du aus dem Haus gehst.
Bleib an deinem Tisch und horche.

Horche nicht einmal, warte nur.
Warte nicht einmal,
sei einfach nur still und allein.

Anbieten wird sich dir die Welt zur Entlarvung,
sie kann nicht anders,
verzückt wird sie sich vor dir winden.

Ich habe den ganzen Band „Beim Bau der chinesischen Mauer und andere Schriften aus dem Nachlaß“ (Frankfurt am Main 1994) durchblättern müssen, um ihn bei Kafka wiederzufinden: es ist der letzte Aphorismus auf der letzten Seite. Das Blättern in diesen kurzen Texten ist eine wunderbare Methode, den Denkbildern Kafkas (wieder) zu begegnen.

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