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Dienstag, 30. Juli 2013

Deutsche Amerikabücher: Hannes Stein, Tschüß Deutschland!


Das nenne ich ein frisch-fröhlich-freies Amerikabuch!


Auf Hannes Stein war ich durch seinen Roman „Der Komet“ (2013) aufmerksam geworden. Irgendwo habe ich dann gelesen, dass er vor einigen Jahren eine Greencard gewonnen hat und in die USA ausgewandert ist. Davon hat er in allerlei Artikeln in deutschen Zeitungen ausführlich berichtet, aus denen dann ein Buch geworden ist: „Tschüß Deutschland! Aufzeichnungen eines Ausgewanderten“, Berlin 2010.

Es ist ein flott lesbares, amüsant geschriebenes Buch mit viel Raum für die bürokratischen Hindernisse und die historischen Hintergründe der amerikanischen Politik. Dabei legt Stein Wert auf eine historisch gerechte Einschätzung der Republikaner, denen er sich verbunden fühlt. Es gehöre zu den großen Missverständnissen in Europa, die Republikaner mit Rassismus und die Demokraten mit Liberalismus gleichzusetzen. 

An den thematischen Sprüngen zeigt sich der journalistische Ursprung des Buches; es verfügt nicht über die kompositorische Stringenz von Wolfgang Büschers „Hartland“.


Nebenbei rückt der Autor noch das Bild des demokratischen Präsidenten Woodrow Wilson zurecht: „Dieser Mann, der Amerika von 1913 bis 1921 regierte, gilt manchen Historikern immer noch als Liberaler. Er war aber der schlimmste Rassist, der je im Weißen Haus gesessen hat.“

Mit ihm hat er noch eine eigene Rechnung zu begleichen. Dazu muss man wissen, dass Stein von Geburt her ein Österreicher ist: „Ich verachte diesen Präsidenten aus einem ganz anderen Grund: „Dieser ahnungslose Trottel war - besessen von seiner fixen Idee, dem ‚Selbstbestimmungsrecht der Nationen’ - führend an der Zerstörung des zivilisiertesten Staatswesens auf dem europäischen Kontinent beteiligt. Die Rede ist selbstverständlich vom Habsburgerreich“ (S. 146).

Aha! Da haben wir ganz nebenbei den Urgrund für Hannes Steins wunderbaren Roman „Der Komet“ gefunden, in dem es den Ersten Weltkrieg und damit die Verträge von Versailles niemals gegeben hat. Der „Trottel“ Wilson ist eine Diskussion wert. Ich komme darauf zurück.

Nun ist der Autor, dem schon lange vor seiner Geburt der ideale Vielvölkerstaat entrissen worden ist, ein enthusiastischer Amerikaner geworden. Alle Vorurteile über Amerika sind wahr, sagt er, aber wahr sei immer auch das Gegenteil.

„New York birgt viele Welten in sich. [...] Für mich aber ist New York vor allem das alte, das untergegangene und gerettete Europa.“ (S. 213).

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