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Montag, 31. Dezember 2012

Besinnliches zum Jahreswechsel: Poetry Slam Finale 2012

Ist das nun eine Trendwende in der Slam Poetry? Sind die exzentrischen und effekthascherischen Jahre vorbei?

Die Gewinner im wichtigsten Slam-Event des Jahres 2012 zeichnen sich durch besinnliche und introvertierte Auto-Bio-Prosageschichten aus, in denen nur noch in der Conclusio einige gereimte Rapzeilen auftauchen.
Da kann es auch kein Zufall sein, dass es sowohl im Beitrag von Jule Weber (Siegerin in der Kategorie U 20) als auch in dem von Jarawan um “kleine Brüste” ging. Ängste um die Weiblichkeit. Ängste um die Männlichkeit?

Bei einsplus kann man diese (und auch die anderen Beiträge) sehen.
Nun, bei Jarawan geht es um die Brustwarzen, die Batman (schon seit 1995) trotz seines dicken Körperpanzers sehen lässt. Sollte es sich dabei um die Angst vor der Verweiblichung beziehungsweise Verweichlichung des Mannes handeln? Das Thema ist in: Auch der letzte SPIEGEL im alten Jahr widmet seine Titelgeschichte der “Männerdämmerung”.

Sonntag, 30. Dezember 2012

Besinnliches zum Jahreswechsel: Franz Kafka (3)

“Es ist nicht notwendig, dass Du aus dem Haus gehst. Bleib bei Deinem Tisch und horche. Horche nicht einmal, warte bis es Dich bedrängt. Warte nicht einmal, sei völlig still und allein. Anbieten wird sich Dir die Welt zur Entlarvung, sie kann nicht anders, verzückt wird sie sich vor Dir winden.”

Freitag, 28. Dezember 2012

Besinnliches zum Jahreswechsel: Franz Kafka (1)

Franz Kafka, Kleine Fabel

»Ach«, sagte die Maus, »die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.« – »Du mußt nur die Laufrichtung ändern«, sagte die Katze und fraß sie.

Montag, 24. Dezember 2012

Der beste deutsche Weihnachtsfilm

Bei all dem Fernsehelend zu Weihnachten habe ich mich gefragt, was wohl der beste deutsche Weihnachtsfilm sein könnte. Dabei bin ich bei Wikipedia auf eine Liste der Weihnachtsfilme aller Zeiten (also der letzten hundert Jahre) gestoßen.

Was an dieser Liste sofort auffällt, ist die absolute Vorherrschaft der US-Produktionen. Mehr als 90% aller Weihnachtsfilme stammen aus Amerika, und sie verteilen sich über alle Genres: Es gibt Weihnachts-Western, Weihnachts-Horrorfilme etc. etc. Aber beim Großteil handelt es sich um Weihnachtskomödien für die ganze Familie. Ich will darüber nicht mäkeln; es gibt vergnügliche und respektable Filme darunter.

Von der Handvoll deutscher Filme sind die meisten als Kinderfilme gemacht und oft von erbärmlicher Albernheit. Ich wollte schon aufgeben, aber da klickte ich diesen deutsch-österreichischen Film an: Das ewige Lied (1997) des bayerischen Regisseurs Franz Xaver Bogner. Nie gehört, nie gesehen.

Es scheint sich um eine Art Weihnachtskrimi zu handeln, in dem aber auch die Geschichte der Entstehung des bekanntesten deutschen Weihnachtsliedes erzählt wird: Stille Nacht, heilige Nacht. Das Ganze spielt im Jahre 1818 in Oberndorf bei Salzburg, einer Stadt, die kurz vorher nach der napoleonischen Zeit in eine bayerische und eine österreichische Hälfte geteilt worden war.
Das folgende YouTube-Fragment zeigt nur das stimmungsvolle (nicht: kitschige) Happy Ending des Films mit der Entstehung des Liedes; vorab muss es allerlei Turbulenzen gegeben haben. Nach ein wenig Gegoogle bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass dies der beste deutsche Weihnachtsfilm sein muss.

 

Leider ist er im diesjährigen TV-Programm nur bei entlegenen Sendern und zu unmöglichen Spielzeiten zu sehen. Aber manche Leute verfügen ja über eine Satellitenantenne und einen Rekorder.
Was die Wikipedia-Liste betrifft, bin ich etwas skeptisch. Sollte es denn keine wunderbaren russischen, schwedischen, italienischen oder südamerikanischen Weihnachtsfilme geben?

Samstag, 22. Dezember 2012

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel – Kultfilm zu Weihnachten

Dieser Film ist in den deutschen Fernsehprogrammen zwischen dem 22. und 27. Dezember sage und schreibe sechzehn Mal zu sehen, öfter als Sissi. Ich selber habe ihn auch schon mindestens ein halbes Dutzend Mal gesehen. Er ist wirklich ganz süß. Das liegt an der liebenswerten tschechischen Märchenfilmästhetik.



“Drei Haselnüsse für Aschenbrödel” (1973) ist eine DDR-ČSSR-Koproduktion des tschechischen Regisseurs Václav Vorlíček.
In der ZEIT dieser Woche steht in der Rubrik "Reisen" ein enthusiastischer Artikel des Schriftstellers Stefan Beuse, der sich als Junge in die Hauptdarstellerin Libuše Šafránková verliebt hat, verständlich: 

 
Durch den Artikel wurde mir zum ersten Mal klar, wo der Film gedreht worden ist: u.a. bei Schloss Moritzburg in der Nähe von Dresden, seit Jahrzehnten ein Kultort für die Liebhaber dieses Films. Das war mir als ignorantem Wessi noch nicht aufgefallen, und ich muss da auch wohl mal hin.
 
Der Film beruht auf einer Variante des Grimmschen Märchens der tschechischen Schriftstellerin Božena Němcová (Barbara Pankel, 1820-1862), die den Stoff mit dem Motiv der drei Haselnüsse verbindet.

So, jetzt muss ich aufhören. Der Film fängt in einer Viertelstunde an (14:55 Uhr im ersten Programm).

Donnerstag, 20. Dezember 2012

200 Jahre Hausmärchen von Grimm: Alles Käse?

Zur Feier des Tages hier ein kleines Märchen der Gebrüder Grimm:

Die Brautschau

Es war ein junger Hirt, der wollte gern heiraten und kannte drei Schwestern, davon war eine so schön wie die andere, dass ihm die Wahl schwer wurde und er sich nicht entschließen konnte, einer davon den Vorzug zu geben. Da fragte er seine Mutter um Rat, die sprach: »Lad alle drei ein und setz ihnen Käs vor, und hab acht, wie sie ihn anschneiden.« Das tat der Jüngling, die erste aber verschlang den Käs mit der Rinde: die zweite schnitt in der Hast die Rinde vom Käs ab, weil sie aber so hastig war, ließ sie noch viel Gutes daran und warf das mit weg: die dritte schälte ordentlich die Rinde ab, nicht zu viel und nicht zu wenig. Der Hirt erzählte das alles seiner Mutter, da sprach sie: »Nimm die dritte zu deiner Frau.« Das tat er und lebte zufrieden und glücklich mit ihr.

 
Ich liebe ja kleine Geschichten. Sie sind vielleicht weniger simpel als es scheint. Jedenfalls stellt sich mir die Frage, wie das Leben des jungen Hirten verlaufen wäre, hätte er sich – nicht dem Rat seiner Mutter folgend – für die erste oder zweite Schwester entschieden. Beide scheinen auch ihre Qualitäten zu haben, und die dritte wirkt doch ein wenig langweilig, oder?

Verbrechen der Wehrmacht in Italien

Spiegel-Online berichtet über die Resultate einer Historikerkommission zu den Verbrechen der deutschen Wehrmacht in Italien.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Die Zauberflöte in Amsterdam, Antwerpen und Berlin – Drei Bilderwelten

Drei völlig verschiedene Zauberflöten, die gleichzeitig laufen. Was für Bilderwelten! Hier nur ein paar kurze Fragmente, die die unterschiedlichen Inszenierungen und Interpretationen andeuten:

-   Amsterdam, Muziektheater. Hierzu gab es bereits einen Beitrag in Café Deutschland, da ich die Oper selbst gesehen habe. Ich habe aber einen neuen Youtube-Film gefunden. Diese Inszenierung scheint mir die interessanteste und avancierteste der drei zu sein.










Dienstag, 18. Dezember 2012

Schöne Waffen: Sig Sauer und Glock


Die beiden Pistolen des Amokläufers von Newton: Sig Sauer aus Deutschland und Glock aus Österreich.









 
 

 Qualitätsprodukte aus deutschen Landen

Sorel & Seksik, Die letzten Tage von Stefan Zweig: Die schönste Graphic Novel

Die schönste Graphic Novel, die ein Thema der deutschen Geschichte und Literaturgeschichte mit Bildern erzählt, ist “Die letzten Tage von Stefan Zweig” (2012) von Guillaume Sorel und Laurent Seksik. Sie beruht auf dem in Frankreich sehr erfolgreichen Roman “Vorgefühl der nahen Nacht” und ist von dem französischen Autor Seksik selbst in ein Graphic-Novel-Szenario umgesetzt worden.

Stefan Zweigs Exil verlief über die Stationen London (1934) , New York, Paraguay, Argentinien, Brasilien (1940), wo er sich 1942 zusammen mit seiner zweiten Frau, der 30 Jahre jüngeren Charlotte Altmann, das Leben nahm. Diese letzte Phase seines Lebens ist das Thema der Graphic Novel.
Der Zeichner Guillaume Sorel war bisher mehr für fantasy-artige Comics bekannt und hat jetzt für diesen außerordentlich schönen großformatigen Band einen neuen realistischen Aquarellstil entwickelt. Mit einer Mischung aus düsteren und hellen Farben  fängt er die triste Atmosphäre von Zweigs Exilaufenthalt im lebensfrohen und naturschönen Brasilien bis zum gemeinsamen Selbstmord mit Lotte ein.


Die deutsche Ausgabe kostet 24 Euro, die niederländische (Casterman Verlag) 17,50. Dieses Buch ist ein Kunstwerk, aber es ist zu befürchten, dass deutsche Leser und Intellektuelle , die sich für Zweig interessieren, es nicht kaufen werden, weil sie die Gattung Graphic Novel für minderwertig halten. Dies ist die Gelegenheit, das Vorurteil zu überwinden. Wer noch ein schönes Weihnachtsgeschenk sucht: Dies ist mein Tipp.

Sonntag, 16. Dezember 2012

Germans in the Woods – Eine kleine traurige Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg

Auf der Website StoryCorps werden kleine Geschichten erzählt, die sich wirklich zugetragen haben:

“StoryCorps is an independent nonprofit whose mission is to provide Americans of all backgrounds and beliefs with the opportunity to record, share, and preserve the stories of our lives. Since 2003, StoryCorps has collected and archived more than 40,000 interviews from nearly 80,000 participants. Each conversation is recorded on a free CD to share, and is preserved at the American Folklife Center at the Library of Congress. StoryCorps is one of the largest oral history projects of its kind, and millions listen to our weekly broadcasts on NPR’s Morning Edition and on our Listen pages.”
In der Rubrik Animated Shorts werden die Geschichten mit einem Trickfilm verbunden. Hier habe ich die folgende traurige kleine Geschichte gefunden:


Dienstag, 11. Dezember 2012

Die Zauberflöte als Poldermodell der Oper: Bezauberndes aus Amsterdam

Beim Betreten des Saales eine Enttäuschung: die Bühne war öd und leer. Kein Vorhang, keine Kulissen. Nur eine graue, tiefe Fläche, ganz wie die eintönige Polderlandschaft, die wir gerade im Zug am Tage der Eröffnung der neuen Hanse-Linie (9. Dezember) durchquert hatten.

Was uns erwartete, war aber ein Wunderwerk aus einfachster und modernster Bühnentechnik (Regie: Simon McBurney), eine Zauberflöte des 21. Jahrhunderts. Die hymnische Rezension in der gestrigen NRC beschreibt viele dieser schönen kleinen und großen Wunder, vergisst aber das wichtigste: Im Zentrum der Bühne hängt an vier Stahlseilen ein quadratisches Podium von ca. acht mal acht Metern, eine Bühne auf der Bühne, die sich in beliebige Stellungen und Höhen bringen lässt. Sie dient der Darstellung der verschiedenen Handlungsorte. Mal ist sie Berghang, Abgrund, Kellergewölbe, Himmel, mal Bondage-Wand (Anklänge an Fifty Shades of Grey), mal riesiger Verhandlungstisch von Sarastros Eingeweihten. Und durchgehend zeigt sie, leicht schwankend, den unsicheren Boden, auf dem die Figuren sich bewegen.
Das schwebende Podium
Dieses überaus einfache Bühnenelement bringt mit seinem Auf und Ab und in Kombination mit digital avancierter Kulissentechnik eine Dynamik und handlungsadäquate Bedrohlichkeit in die Aufführung, wie ich es bei der Zauberflöte noch nie erlebt habe.


Die Wasser-Probe
Der Verzicht auf sichtbare Freimaurersymbolik und Eingeweihtenmystik, auch bei der Kleidung, die einheitlich und jetztzeitlich ist, befreit die Oper bei fast völliger Texttreue von Kitsch und Unzeitgemäßheit. Das ist absolut verblüffend!
Sarastro hält seine Rede an die Eingeweihten mit dem Mikrophon in der Hand vom Pult des Dirigenten aus, und er richtet sie an das gesamte Opernpublikum. Die Priester, der Chor und die Statisten sitzen auf einmal gleichfalls in bühnenfüllenden Stuhlreihen auf der Bühne, und der ganze Saal wird zu der Versammlung, die “eine der wichtigsten unserer Zeit” ist. Ein kleiner Eingriff in den Text lässt das Publikum verstehen und erheitert es: “Wir alle leben in Zeiten der Krise”. Anlässe zur Heiterkeit gibt es in dieser Inszenierung mehr als sonst, nicht nur bei den Auftritten von Papageno.

Alle Beteiligten, die sonst bei einer Oper versteckt werden: die Musiker, die Bild- und Tontechniker, die Bühnenarbeiter sind jederzeit sichtbar und es wird gezeigt, was sie tun. Taminos Flöte wird aus dem Orchester heraufgereicht und nicht Tamino spielt sie, sondern der Flötist kommt herauf. Ein Hauch von epischem Theater dient sich an, aber all das ist irgendwie wärmer als bei Brecht.
Die Mitarbeiter, ob Solo- oder Chorsänger, ob Tänzer, ob Statist, bringen ein gemeinsames Produkt zur Aufführung und sind darin gleichberechtigt: eine geniale Umsetzung des niederländischen Poldermodells in die künstlerische Welt der Oper.

Was die Sänger betrifft: Christina Landshamer war eine großartige Pamina, Brindley Sherrat ein guter Sarastro und Marc Albrecht ein flotter Dirigent. Mehr kann ich hier und heute nicht schreiben.
Zu den vielen Wundern dieser Aufführung lese man die Rezension in der NRC oder diese Rezension bei Dradio, deren Kritik ich im übrigen nicht teile.

Der innovative Regisseur Simon McBurney gibt auf Youtube Auskunft zum Making Of:


Donnerstag, 6. Dezember 2012

Peter Handke: 70 Jahre und kein bisschen müde

Der große Fußgänger Peter Handke ist heute 70 Jahre alt geworden. Er geht durch die Welt und schreibt. Ich lese ihn gerne.


Im Literarischen Quartett vom 12.10.1989 wurde heftig über seinen “Versuch über die Müdigkeit” gestritten. Auf welche Seite würden Sie sich schlagen?
(Das Gespräch über Handke beginnt in Minute 23:22 und dauert eine Viertelstunde.)


Wer Interesse und mehr Zeit hat, kann sich das einstündige Gespräch Volker Panzers mit Handke aus dem Jahr 2008 anhören, bei dem Handke nach jahrelangem Schweigen bzw. Poltern sehr gelöst ins Reden kommt.
 
 
Für Handke-Anfänger empfiehlt der Autor in dem Gespräch seinen Roman “Die morawische Nacht” (2008).

Mein Lieblingsbuch von ihm ist “Mein Jahr in der Niemandsbucht” (1994). Mein Lieblingsstück nach wie vor: “Publikumsbeschimpfung” (1966).

Freitag, 30. November 2012

Was uns von den Griechen bleibt: Sisyphos

Mit Wolfgang Schäubles Bekenntnis zu Sisyphos hat Deutschland doch noch einen Anhänger des griechischen Geistes: Siehe den FAZ-Bericht zu Schäuble bei Beckmann.

Wir müssen uns Schäuble als einen glücklichen Menschen vorstellen.

Donnerstag, 29. November 2012

Fremdbild: The Tyranny of Greece over Germany


“The Tyranny of Greece over Germany”: Der kuriose Titel dieses 1934 in England erschienenen Buches von Eliza Butler ist in den letzten zwei Jahren wiederholt in einem uneigentlichen Zusammenhang mit der Griechenland-Krise zitiert worden, zum Beispiel von einem empörten Griechen, der keine Ahnung vom Inhalt des Buches hatte, aber den heutigen Deutschen noch einmal unter die Nase reiben will, was ihre Vorfahren seinem Land im Zweiten Weltkrieg angetan haben.

Ich hatte noch nie von diesem Buch gehört, bis ich dem Titel im letzten “Spiegel” begegnete, wiederum im Zusammenhang mit der Griechenland-Krise. Da habe ich mich auf die Suche gemacht. Erst der Untertitel zeigt, worum es geht: “A study of the influence exercised by Greek art and poetry over the great German writers of the eighteenth, nineteenth and twentieth centuries”.
Die englische Germanistin Eliza Butler (1885-1959) war ihr Leben lang von einer Hassliebe zu Deutschland und den Deutschen bestimmt. Ihr germanophiler irischer Vater hatte seine drei Töchter gegen den Willen der Mutter auf ein Internat nach Hannover geschickt. Das führte bei Eliza schon als Kind zu einer Grundhaltung von Hass und Ekel in Bezug auf ihre deutschen Mitschülerinnen. Da sie nun aber schon einmal gut Deutsch konnte, wurde sie Deutschlehrerin und Germanistin mit längeren Aufenthalten in verschiedenen deutschen Städten und schließlich Professorin in Manchester und Cambridge.

Nach der Machtergreifung Hitlers schrieb sie das oben genannte Werk, in dem sie die Theorie einer Selbstversklavung der Deutschen unter den griechischen Geist entwickelte. So hätten die Deutschen schon im 18. Jahrhundert die radikale Unterordnung unter eine Idee entwickelt, die im 20. Jahrhundert so schreckliche Folgen zeitigte. Auch bei der Autorin ist der Titel des Buches also uneigentlich gemeint. Das Buch scheint absolut nicht dumm und obskur zu sein, wenn auch methodologisch fragwürdig. Die Nazis haben 1935 verhindert, dass es auf Deutsch erscheinen konnte. Bei einem Besuch Deutschlands 1948 fand Butler in den zerstörten Städten “a kind of beauty, as if Berlin had found her soul in the surrounding chaos”(Paper Boats, 189). Butler beschreibt ihre Geschichte in ihrer Autobiographie “Paper Boats” (1959). Einen kurzen Überblick über Butlers Leben und Denken gibt Sandra Peacock in ihrem Artikel “Struggling with the daimon: Eliza M. Butler on Germany and Germans” (2005).
Erst nach dem Krieg erschien 1948 eine gekürzte deutsche Ausgabe unter dem verfälschenden Titel “Deutsche im Banne Griechenlands”, die kaum Aufmerksamkeit gefunden hat. Weitere deutsche Ausgaben und eine Rezeptionsgeschichte durch die deutsche Germanistik scheint es nicht gegeben zu haben. Das finde ich verwunderlich, da Butler sich völlig auf die großen deutschen Dichter und Denker Winckelmann, Lessing, Herder, Goethe, Schiller, Hölderlin und Heine konzentriert und ihre Botschaft über die sklavische Eigenart aller Deutschen nur indirekt vermittelt, was auch für das englische Publikum nicht so einfach herauszulesen gewesen sein mag.
In der angelsächsischen Welt dagegen hat es immer wieder Neuausgaben des Buches gegeben, zuletzt 2006 und 2012, und mit der amerikanischen Historikerin Suzanne Marchand (“Down from Olympus”, 1996) auch eine methodologische Fortentwicklung des Ansatzes von Eliza Butler. So ist das Werk eine bedeutende Quelle des angelsächsischens Denkens über Germany und Germanness geworden, die man kritisieren, aber nicht ignorieren sollte.

Das Buch wird auch in der aktuellen Situation der griechisch-europäischen Schuldenkrise in England (wieder) ernst genommen. So attestiert eine Rezension im London Review of Books zum einen den heutigen Deutschen, nichts mehr mit der alten Unterwerfung unter ein Ideal zu tun haben zu wollen und stellt zum anderen eine Verbindung zum positiven Umgang mit Griechenland und Greekness in der jetzigen Krise her.
Ich persönlich bin immer noch perplex, dass mir dieses Buch in all den Jahren meiner Beschäftigung mit Germanness in den Augen anderer noch nie begegnet ist, und eben auch nie in einem germanistischen Zusammenhang. Aber deutsche Germanisten lesen wohl auch heute noch nur deutsche Untersuchungen über deutsche Dichter und Denker.

Wir - ein deutsches und europäisches Wir - sollten aber wissen, auf welcher Grundlage englische und amerikanische Intellektuelle ihr heutiges Bild über Deutschland und die Deutschen entwickeln. Und uns dazu äußern.

Montag, 26. November 2012

Sonntag, 25. November 2012

Königin Angela

Vermischen sich die Welten? Als ich die Wochenendausgabe der niederländischen NRC las, traf ich auf dieses Foto und dachte: Ah, Beatrix!

Liegt’s an mir, liegt’s an ihr, liegt’s an meinem Blog? Oder einfach am Wetter?

But anyway: God save the Queen!
 
Angela Merkel auf der EU-Top in Brussel

Freitag, 23. November 2012

Die Verwienerung von Berlin

“Die Verwienerung Berlin schreitet so und so fort – und das ist gut so.”

Die kultivierte Österreicherin Marianne Sajdik, von der dieser Satz stammt,  hat in Berlin einen Wiener Salon eröffnet, in dem sie, ganz in der Tradition der Berliner Romantik, Künstlern und Kulturschaffenden einen gepflegten Treffpunkt bietet.

Sie hat Stil, allerdings einen völlig unberlinischen. Berlin wird auch das überleben:

 

Wer dagegen nur einfach mal in Berlin ein echtes Wiener Schnitzel essen will, dem sei das Wiener Beisl in der Kantstraße empfohlen: Wiener Küche und echt österreichische Bedienung.
 
 

Dienstag, 20. November 2012

Der "Stille Ort": Monster Munch (Tourist) versus Peter Handke

Wo liegen die Quellen der deutschen Kreativität? Richtig: im deutschen Gymnasium und in der deutschen Provinz. Beide sind so öde, dass lebendige Geister sich nur unter konvulsivischen Zuckungen davon befreien können und – bei hinreichendem Talent - auf diese Weise den Ort finden, an dem sie sich zum Ausdruck bringen.

Damit es nicht heißt, dass Café Deutschland sich nur mit der (allerdings unausschöpfbaren) Berliner Szene beschäftigt, propagiere ich heute eine völlig unbekannte Gruppe aus der Provinz (genauer: aus Wunstorf), die sich sicher auch bald nach Berlin aufmachen wird: Marwin, Stefan und Timo mit ihrer Band Monster Munch. Ich habe sie auf der Website Neue-bands.de gefunden. Es gibt ein frei zugängliches Digital-Album von ihnen mit sieben Songs, davon vier auf Deutsch.
"Tourist” ist ihr Demo-Video:

(Zum Weiterlesen hier klicken:)

Sonntag, 18. November 2012

Staplerfahrer Klaus: ein lehrreicher Kurzfilm!


Bei meiner Suche nach sehenswerten deutschen Kurzfilmen bin ich auf “Staplerfahrer Klaus” (2000) von Stefan Prehn und Jörg Wagner gestoßen. Am Anfang scheint es sich um einen Lehrfilm für Gabelstaplerfahrer (schönes deutsches Wort!) zu handeln, aber die FSK-Freigabe für “ab 16” scheint auf etwas anderes hinzudeuten. Ihr seid gewarnt!

Freitag, 16. November 2012

Die Schule der Neuen Prächtigkeit (2): Starckdeutsch

Es lebe Matthias Koeppel und seine ingeniöse Sprachschöpfung „Starckdeutsch".

„Das Starckdeutsche ist durch seinen vokalkräftigen und konsonantenverstärkten Charakter weniger zum stillen Lesen als zum lauten Vortrag von Gedichten geeignet.“ (Wikipedia)
Ja, das stimmt, setzt aber ein gehöriges Maß an Übung voraus. Diese Übung lässt sich auch durch stilles Lesen erreichen, wenn man akzeptiert, dass sich die Urkraft der starckdeutschen Laute über die Augen sofort in die Lippen fortsetzt, die – zumindest leise - einfach ausdrücken wollen, was dort (ent-)steht.

Es mag ein wenig gewöhnungsbedürftig sein, und nicht jedes Wort erschließt sich dem tastenden Leser im ersten Versuch, der Effekt rechtfertigt jedoch die Mittel: eine ganz ungekannte, und so bisher unempfundene Verstärckung von Sprache und Inhalt stellt sich ein.
Hier ein Beispiel, dass ich bei meiner Sammlung von deutschen Texten über die Niederlande völlig übersehen hatte:

Hullondüsche Tumautn
Harrlüch! – dönckst tu, gauffßt die rauten
Glantzind pfröschn Totumauten.
Duch peim Ößßn marckstde dunn,
dißß monn gurnüxx tschmarckn kunn;
Sünd’z nonn Gorcken, sünd'z Tumautn, –
Üst öss garr oin Heunarbrautn,
pfrösch oss Hullondt ümmporturt?
Hart monn düch woll arnngeschmuurt?

 
Überregional bekannt wurde er durch sein Gedicht zur Misere der deutschen Architektur:

 Arr, di Arr; di Arrckitucktn -
jarr, di sünd tautul pfarrucktn.
Pauhn onz euburoll Quaduren,
vo se gurrnücht henngehuren.
Vn demm Hurz büsz ze denn Ullpn
snd di Häusur steitz di sullpn.
Duch di Arrckitucktn tschumpfn:
Onzre Pauhörrn snd di Tumpfn!
Olle zullte mon kastruren,
düßße auff ze pauhin huren;
odur stott ünn rachtn Winkuln
se dönn pauhin, wi se pinkuln.

Zu finden in: Matthias Koeppel, Starckdeutsch. Sämtliche Gedichte. Volksausgabe, Berlin 1981



 

Samstag, 10. November 2012

Johannes Grützke

Johannes Grützke: Schule der Neuen Prächtigkeit (1)

Im November vor zwei Jahren wäre ich beinahe nach Berlin gefahren, um eine Retrospektive der „Schule der Neuen Prächtigkeit“ zu sehen. Johannes Grützke und Matthias Koeppel, die beiden übrig gebliebenen Maler dieser Berliner Gruppe aus den siebziger Jahren machten selbst die Führungen. Ich hatte mich sogar schon dafür angemeldet, dann bin ich aus nichtigen Gründen zu Hause geblieben. Danach habe ich zwei, drei Mal die Kataloge angesehen; jetzt ist mir wieder eingefallen, dass Matthias Koeppel zeitweilig auch eine ganz besondere Variante deutscher Lyrik produziert hat: er war der Erfinder des „Starckdeutsch“, einer vokal- und konsonantenverstärkten Kunstsprache, die mir viel Freude gemacht hat.

Jetzt ist es wieder November, und wieder findet in Berlin eine Grützke-Ausstellung statt. Nein, gleich mehrere: Er ist dieses Jahr 75 geworden.
Von Johannes Grützke hatte ich als Student mein erstes Original-Kunstwerk gekauft, eine kleine Radierung, auf der ein angewinkelter Ellenbogen und das unvermeidliche verzerrte Gesicht Grützkes zu sehen waren. Grützkes Bilder hatten es mir angetan; wieso wusste ich damals nicht genau. Meine damalige und heutige Frau, mit der ich in Geschmacksfragen meist übereinstimme, fand und findet Grützke ganz schrecklich. Ich mag ihn immer noch. Mein besagtes erstes Original hat sie damals auf dem Flughafen in Düsseldorf stehen lassen, unabsichtlich natürlich. Wenn ich in die Gegend komme, schaue ich mich immer noch um, ob es nicht irgendwo auftaucht.

Grützke hält sich internetmäßig sehr zurück. Seine Website oder „Heimseite“ wie es dort heißt, wird von einem Mittelsmann unterhalten, da der Meister ja malen muss. Dort finden sich mal mehr mal weniger aktuelle Werke, im Moment eher weniger: www.johannesgruetzke.de/ .

Meine Lieblingsbilder waren damals diese beiden:


Unser Fortschritt ist unaufhörlich, 1973

Darstellung der Freiheit, 1972
 
 

Samstag, 3. November 2012

Walt Disneys Anti-Nazifilm “Education for Death” (1943)

Außer “The Fuhrer’s Face” hat Walt Disney 1943 noch einen weiteren Anti-Nazifilm gemacht: „Education for Death“. In diesem Zeichentrickfilm lässt er nicht Donald & Co. figurieren, sondern versucht sich an einem politisch-didaktischen realistischen Film über Erziehung im Nationalsozialismus. Als Grundlage benutzte er das gerade erschienene Buch „Education for Death. The Making of the Nazi“ von Gregor Ziemer. Der Film sollte offenbar auch eine Werbung für das Buch sein:


Ziemers Buch ist übrigens im selben Jahr auch von Edward Dmytryk unter dem Titel „Hitler’s Children“ verfilmt worden.

Freitag, 2. November 2012

Mau Mau: ein saublödes Kartenspiel mit hohem Suchtfaktor

Als Jugendlicher war ich der Mau-Mau-König von Leer. Nicht dass ich irgendwelche Wettkämpfe gewonnen hätte; es fiel nur im Kreise meiner Freunde auf, dass ich sehr häufig gewann.

Bei Skat hatte ich dagegen keine Chance. Ich kann und mag es noch heute nicht. Wahrscheinlich, weil man bei diesem Spiel gut bei der Sache bleiben und sich die ausgespielten Karten merken muss. Bei Mau Mau brauchst du im Prinzip nur die Karten mechanisch abzuwerfen und ab und zu ein klein wenig aufzupassen. Das liegt mir mehr. Dann kann man auch mal an was anderes denken oder sich in der Kneipe umgucken. Trotzdem ist es ein schönes Kartenspiel, dass wahrscheinlich alle nach dem Krieg geborenen Deutschen kennen. Und in den Niederlanden wahrscheinlich kaum jemand.
Deshalb installiere ich heute das Label “Spieltisch” im Café Deutschland und fülle es mit einem Online-Mau-Mau-Spiel. Die Regeln findet ihr im Wikipedia-Artikel. Dazu genügen die Abschnitte “Die Grundregeln” und “Weitere Regeln”. Die ellenlangen Varianten könnt ihr vergessen.

Mittwoch, 31. Oktober 2012

Halloween: Der Horror mit dem Kürbis


Das Wort Halloween ist für mich und meine deutsche Generation vor allem mit dem gleichnamigen großartigen Horrorfilm (1978) von John Carpenter verbunden. Die jüngeren deutschen und niederländischen Generationen üben sich dagegen in der globalisierenden Adaption einer schönen amerikanischen Tradition.
Als ich letztens mal zu ganz anderen Zwecken einen Kürbis zu zerteilen versuchte, wurde mir klar, welchen Gefahren die amerikanischen Hausfrauen & Co sich damit aussetzen. Aber die tun das schon seit Generationen. Die jungen deutschen Frauen dagegen müssen noch üben, und das Resultat lässt auch zu wünschen übrig:
 
 

Deutscher Krimi auf Platz 1

Seit langem mal wieder ein deutscher Krimi auf Platz 1 der Bestenliste der ZEIT:

http://www.zeit.de/2012/45/ZEIT-Krimibestenliste-November

Die Täterkinder 1945: der Film “Lore” von Cate Shortland

Die australische Regisseurin Cate Shortland hat mit “Lore”(2012) einen ungewöhnlichen Film zur unmittelbaren Nachkriegszeit gedreht. Das Drehbuch von “Lore” beruht auf dem Roman “The Dark Room” (2001) von Rachel Seiffert (deutsch: Die dunkle Kammer, 2001): eine subtile Verfilmung eines subtilen Romans über die ideologisch verhetzten Kinder der Täter in den Trümmern des Dritten Reiches.

Deutscher Kinostart: 1. November. Der Film kommt nicht in die niederländischen Kinos.
 
 

Montag, 29. Oktober 2012

Der Rummel um Rommel: Film mit Ulrich Tukur in der ARD

Am Donnerstag, dem 1. November zeigt das Erste Deutsche Fernsehen um 20:15 den neuen Rommel-Film, gefolgt von einer Dokumentation.

Der SPIEGEL dieser Woche widmet dem Film und dem Mythos Erwin Rommels seine Titelgeschichte. Der Film hat positive Besprechungen bekommen.

Drs. P - Groningen

Wir hörten Klagen aus Deutschland, dass der legendäre „Dodenrit“ (Trojka!) von Drs. P dort nicht mehr (auf YouTube?) verfügbar ist. Zum Trost bietet Café Deutschland sein Groningen-Video (das hoffentlich nicht gesperrt ist).

Wir wollten unseren auswärtigen Besuchern schon immer mal einen Eindruck vom Heimatort des virtuellen „Café Deutschland“ verschaffen. Und wer könnte dazu geeigneter sein als der niederländische Allround-Künstler Drs. P, ein in der Schweiz geborener Mann mit österreichischem Vater und niederländischer Mutter, der während der Besatzungszeit beinahe von den Deutschen füsiliert worden wäre (hätte er keinen Schweizer Pass gehabt!). Drs. P, "Groningen" (1983):
 

Sonntag, 28. Oktober 2012

Cloud Atlas & Atlas eines ängstlichen Mannes: Kartografierungen der Gegenwart

Eine schöne Koinzidenz: Fast am selben Tag kommen ein außergewöhnlicher Film und ein außergewöhnlicher Roman heraus, die das Wort “Atlas” im Titel tragen und auch sonst einiges gemeinsam zu haben scheinen: “Cloud Atlas” von Tom Tykwer und Andy Wachowski  und “Atlas eines ängstlichen Mannes”  des österreichischen Schriftstellers Christoph Ransmayr.

Ich kenne den zugrundeliegenden Roman “The Cloud Atlas” (2006) von David Mitchell und vermute von den ersten Rezensionen von Ransmayrs Buch her, dass es sich hier um zwei verwandte und ambitiöse Versuche handelt, unsere Gegenwart in künstlerischer Form zu erfassen. Dazu werde ich weitere Beiträge schreiben.
Der Film aus den Händen von Tywker (“Lola rennt”) und den beiden Wachowskis (“The Matrix”) hat schon begeisterte Reaktionen ausgelöst. Hier ist der Trailer:
 
 

“Cloud Atlas” läuft in Deutschland am 15. November an, in den Niederlanden am 29. November.

Freitag, 26. Oktober 2012

Raumschiff Orion: Tanz in die Zukunft

Am 17. September 1966 startete im deutschen Fernsehen die Science-Fiction-Serie “Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffs Orion” : am Samstagabend im Hauptprogramm! Für mich als junger Science-Fiction-Fan war das ein denkwürdiger Tag. Science Fiction fand in Westdeutschland in der Zeit vor allem in den Roman-Reihen des Heyne- und Goldmann-Verlages statt und in den Perry-Rhodan-Heften. Das waren Nischen der Trivialliteratur, zu denen man sich als Gymnasiast nicht zu bekennen wagte.

Raumschiff Orion

Nun wurde das Genre vom Fernsehen geadelt! Natürlich habe ich dann alle sieben Folgen gesehen. Die Serie war auch ein großer Erfolg bei vielen Zuschauern, die mit Science Fiction eigentlich nichts am Hut hatten. Bei aller Begeisterung fand ich doch viele Schwächen in den Filmen, die mich damals geärgert haben, aber heute beim Wiedersehen amüsieren.

Der Start der deutschen Serie kam übrigens nur knapp zehn Tage nach der ersten Folge von “Star Trek” in den USA, die in Westdeutschland erst 1972 unter dem Titel “Raumschiff Enterprise” gesendet wurde. “Star Trek” hatte zunächst keinen besonderen Erfolg; das sollte sich aber bald ändern.

“Raumschiff Orion” dagegen hatte keine Folgestaffeln. Schade eigentlich, denn so viel schlechter als “Star Trek” waren sie nicht. Wahrscheinlich lag es daran, dass die eingebackene amerikanische Go-West-Ideologie des “The final frontier … To boldly go where no man has gone before” in Deutschland keine Entsprechung hatte (das deutsche Go-East konnte man ja schlecht romantisch überhöhen). Und auch die Propagierung des Meltingpots und des friedlichen Miteinanders der Rassen war in Deutschland noch kein Thema.
Die sieben einstündigen Folgen stehen komplett auf Youtube. Die erste kann man hier anklicken.

Wem das zuviel ist, der kann sich hier mit zwei kurzen Sequenzen einen Eindruck verschaffen. Der Raumflughafen auf der Erde lag aus für mich im Moment unerfindlichen Gründen am Boden des Ozeans. Der Start der Raumschiffe erfolgte also aus dem Wasser heraus. Das fand ich damals durchaus eindrucksvoll:

 
Die Serie widmte sich auch den zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklungen von Mode und Freizeit. Die Kadetten der Raumflotte konnten sich im “Starlight Casino” unter der gläsernen Kuppel in der Tiefsee dem Alkohol und dem Tanzvergnügen widmen. Ein Fan hat sich die Mühe gemacht, die Zukunftstänze der sieben Folgen in YouTube auf die Reihe zu bringen. Auch das hat damals durchaus Aufsehen erregt und begeistert die Fans noch heute:

 

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Markus Lüpertz’ Herkules: das i-Tüpfelchen über dem Ruhrgebiet

Von weitem wirkt der Kopf wie eine der unerklärlichen Statuen von den Oster-Inseln: Der Herkules auf dem Nordsternturm in hundert Meter Höhe ist kilometerweit sichtbar und gibt der ganzen Region ein Geheimnis. Der Schacht II der ehemaligen Kohlenzeche Nordstern in Gelsenkirchen-Horst ist mit vier neuen, gläsernen Etagen gekrönt worden, und darauf erhebt sich die achtzehn Meter hohe Figur. Ein herkulisches Werk in einer herkulischen Landschaft. Ich habe es am letzten Wochenende zum ersten Mal aus der Nähe gesehen.



Oben auf der Aussichtsplattform wendet uns Herkules sein Hinterteil zu:



Aus dem grauen Industrierevier der fünfziger Jahre ist ein halbes Jahrhundert später im Rahmen der Kulturhauptstadtplanung für 2010 eine riesige Parkanlage entstanden, über die Markus Lüpertz' neuer Herkules wacht. Er trotzt dem kleingeistigen Gezeter vieler Besucher, die ihm seinen Ort und seine Aufgabe nicht gönnen.
Der folgende Film zeigt uns seine Entstehung:


Markus Lüpertz hat mit seinen Skulpturen in den letzten zehn Jahren des öfteren kleinbürgerlichen Zorn und aggressive Bildersturzbewegungen auf sich gezogen.